Kulinarisches

Verschiedene Spezialitäten trugen den Ruf der Stadt weit über die Stadtgrenzen hinaus, wobei hier nur Speisen beschrieben werden.

Liegnitzer Bomben

… ein beliebtes Weihnachtsgebäck, bestehend aus Pfefferkuchenteig mit vielen Gewürzen und ummantelt mit einer Schokoladenmasse. Der Form nach als Bombe bezeichnet.

Nach einem Rezept aus dem Schlesischen Kochbuch des Bergstadtverlages Wilhelm Gottlieb Korn, mit Genehmigung des Nachfolgeverlages, dem Senfkornverlag Görlitz vom 23.01.2024

kann die Bombe wie folgt hergestellt werden.

 

Rezept für etwa 12- 14 kleine Liegnitzer Bomben

Da das Rezept für die ursprünglich entwickelte Liegnitzer Bombe nicht als Patent angemeldet wurde, entwickelten sich im Laufe der Zeit in Liegnitz durch andere Hersteller weitere Rezepte.

 

oder aber die Beschreibung und das Rezept von Hans-Jürgen Türpitz, von seinem Großvater Alfred übernommen

Hersteller in Liegnitz waren u. a. folgende Bäckereien, Konditoreien bzw. Pfefferküchler:

Carl Meyenburg in der Luisenstr. 17,

Gebr. Müller, Frauenstr. 64 und Ring 29, ,

Alfred Türpitz, Marthastr. 1 Ecke Jauerstr. ,

Walter Schikore und Frau Charlotte, Glogauer Str. 15 und

Bruno Weisbrich, Dovestr. 4.

Heute werden diese Liegnitzer Bomben u. a. von folgenden Bäckereien bzw. Konditoreien hergestellt und verkauft und wir empfehlen sehr gern einen Kauf, denn damit wird auch die schlesische, besonders die Liegnitzer Spezialität erhalten.

Behnisch – Bäckerei in 01616 Strehla, Markt 3 ; https://www.ub-baecker.de/

Hübner – Bäcker in 02929 Horka, Görlitzer Straße 46 ; https://huebner-baecker.de/

Mammitzsch, Bäckerei u. Konditorei, Rathausstraße. 2, 03253 Doberlug-Kirchhain

Schikore – Cafe in 99974 Mühlhausen, Erfurter Str. 1 ; https://cafeschikore.de/

Rabbel - Confiserie, 49492 Westerkappeln, Gartenkamp 1 - 3 ; https://www.confiserie-rabbel.com/

Tschirch - Bäckerei, 02828 Görlitz, Rothenburger Landstr. 267 ; http://www.schlesienbaecker.de

...sowie neuerdings – in anderer Form, auch wieder in Liegnitz verkauft im Coffee Katedralna, am Plac Katedralny, östlich der Peter-und Paulkirche, Swietego Piotra ehem. Petristr., allerdings hergestellt in Breslau.

Liegnitzer Bombe, ein Märchen

von Hans-Eberhard von Besser, aus Liegnitzer Heimatblatt Nr. 6 /2011

Es war einmal eine Winternacht, die war so still, dass man die leise nieder gleitenden Schneeflocken zu hören glaubte. Weiß waren die Türme, Simse und Dächer von Liegnitz und endlich bekamen auch noch die winterkalten Äste der alten Kastanien am -Gabeljürge einen schneeigen Wipfel und der verwitterte Wassergott mit seinem Dreizack eine weiße Mütze, während längst die Stufen der gewundenen Rathaustreppe von einem dicken watteweichen Läufer bedeckt waren. Die Winternacht war, wie gesagt, so friedvoll, dass die verschneite Stadt wie von einem wundersamen Traum umfangen, in einem großen Schweigen ruhte. Längst lagen die Fenster und Häuser im Dunkeln, nur in der Backstube eines Zuckerbäckers und - Pfefferküchlers flimmerte noch ein Licht.

Da hockte ein junger Mann auf der Bank neben dem heißen Backofen und starrte, die weiße Backmütze aus der Stirn geschoben, unverwandt ins Leere. Im nächsten Augenblick aber sprang er auf und riss sich die Mütze vom Kopf, der Atem – in der im wahrsten Sinne des Wortes kuchenwarmen Backstube – wurde ihm zu knapp. Ruhelos wanderte der junge Mann auf und ab, leise knarrten die Dielen unter seinen rastlosen Schritten.

Mit einem Male blieb er mitten im Raum stehen und ein kurzes, bitteres Lachen erklang. Wer war er denn? Ein Liegnitzer Bäckergeselle, einer, der gerade seit Jahresfrist den Lehrling abgestreift und auf den Meister zuging. Was war er, etwa viel? Nichts war es, wenn man an die Meister dachte, die da im Kreise gesessen und große Worte im Mund geführt hatten. Seit Tagen konnte er das Bild nicht los werden, verfolgte es ihn bei Tag und Nacht. Der Obermeister der Innung hatte alle Liegnitzer Zuckerbäcker und - Pfefferküchler zusammen getrommelt bis hinunter zum jüngsten Gesellen. Etwas Besonderes sollte zu Weihnachten geschehen.

Was sagten die gewichtigen Meister da in der Runde? Ein Backwerk, ein neues Backwerk sollte geschaffen werden, das die Stadt bekannt, in aller Welt berühmt machen würde. Etwas ganz Neues! Ähnlich wie Aachen durch seine Printen, Dresden durch seinen Stollen, Königsberg und Lübeck durch ihr Marzipan, Neiße durch sein Konfekt und Nürnberg durch seinen Lebkuchen, sollte nun auch Liegnitz durch ein Backwerk weithin bekannt werden. Wie die Gesichter der Meister dabei erglühten, wie sie erregt aufeinander einsprachen, begeistert von der Idee. Und jeder konnte mittun, nur etwas ganz Neues musste es sein, das sich vom Althergebrachten abhob.

Der junge Bäckergeselle hockte schon längst wieder auf der Bank am glutheißen Ofen und starrte ins Leere. Wie sollte man  etwas Neues finden, wie konnte man zu einer neuen Idee gelangen? Seit Tagen zermarterte er sich den Kopf, hockte Nacht für Nacht, wenn der Meister in die Federn gegangen, am Ofen und dachte – dachte. Würde ihm dann nicht sicher sein, die Regina, des Meisters Tochter, wenn es ihm gelang, das neue Backwerk, ein Liegnitzer Backwerk zu erfinden: Das beste vor die Meister bringen, den Beifall aller zu erringen?! Ein armer Teufel war er - dann aber würde er – die weiße Backhaube schob eine unmutige, erregte Hand – wie schon so oft in den Nacken, ein ruheloser Schritt erklang wieder auf den knarrenden Dielen – und der junge Mann riss die Fenster auf, denn die Luft wurde ihm knapp. Draußen lag die stille Winternacht, die so still war, dass man die sinkenden Flocken zu hören glaubte. Ein kleiner Junge war er noch, als er einmal bei der Großmutter oben in den Bergen gewesen war. Unter der Hochsteinlehne in Schreiberhau hatten die Großeltern ein Häusel mit schrägem Dach und der Großvater ging als Glasmacher hinauf in die Jospehinenhütte. Wie viel Geschichten wusste die Großmuttel – ein Lächeln der Erinnerung spielte um den Mund des jungen Mannes. Die Geschichten von Rübezahl hatte sie ihm immer wieder erzählen müssen; die Geschichten vom guten Berggeist, der sich der Unglücklichen und Armen erbarmte und überall erschien, wenn es um das Recht und um das Helfen ging. Kein Weg, kein Steg würde jetzt zu der kleinen Hütte führen, denn hoher Schnee lag ringsum in den Bergen.

Versonnen lehnte der junge Mann am Fenster, dachte an Regina, des Meisters Tochter, an den sturmumbrausten Hochstein droben im Gebirge, an die große Aufgabe, die er sich heimlich vorgenommen – und der Mut sank ihm bei all seine Grübeleien. „Rübezahl“ - murmelte er und es klang wie das Rauschen eines losen, sirrenden Fittichschlages - traurig schloss der Mann das Fenster. Wozu Träumereien nachhängen – er war und bleib ein armer Wicht! Seufzend hockte er bald wieder auf der Ofenbank, lähmende Müdigkeit überfiel ihn, die Beine wurden ihm schwerer und schwerer, der Kopf mit der weißen Mütze sank ihm auf die Brust – er schlief und bald erfüllt sein regelmäßiger Atem die Backstube.

Draußen aber ruhte über Türmen und Mauern, Dächern und Simsen und den Gassen von Liegnitz die weiße Winternacht. Von fern her erklang jetzt schwingender Hall von Schlittenglocken, ein Licht blitzte auf, kam näher und näher - in rascher Fahrt glitt ein mächtiger Schlitten heran und fuhr in die schlafende Stadt ein. Der Mann, der ihn lenkte, trug einen weiten Umhang und eine Sturmhaube, viele kleine Lichter umgaukelten ihn, es waren die Laternen der Wichtelmänner, die zu Füßen des mächtigen bartumflatterten Mannes hockten. Der Schlitten bog hier und da ab, es ging nach rechts und nach links um den Ring und wieder weiter und auf einmal hielt der Schlitten in der Gasse vor dem schimmernden Fenster, hinter dem ein Liegnitzer Bäckergeselle in tiefem Schlag lag. „Aufgepasst“, sagte die tiefe Stimme des Alten, „und die Gedanken zusammen genommen, hört ihr – und leise, nicht gemuckst wird.“

Wenige Minuten später huschten Zwerge,  die ihre Laternen abgestellt hatten, in der Backstube hin und her. Der Alte, dem langsam die glitzernden Tropfen aus dem vereisten Bart fielen, griff nach seiner Brille und blätterte in einem dicken schweinsledernen Rezeptbuch, das er unter dem Umhang getragen hatte. Die Zwerge, die auf den Tisch geklettert waren, lasen mit. Der dicke Finger des Alten glitt von Zeile zu Zeile. Kaum hatte der riesige, verwitterte Mann das Rezept tuschelnd verlesen und die Arbeit verteilt, da ging man auch schon ans Werk. Die Knirpse in den spitzen Mützen glühten vor Eifer – da wurden Mandeln gerieben, Ingwer geschnitten, Rosinen verlesen und emsig Gewürze im blinkenden Mörser zerstoßen - goldgelber Honig und herbsüßes Johannisbeergelee bereit gehalten – da wurde ein mächtiger Zuckerhut von vier Zwergen keuchend heran gewuchtet. Bald bedeckten Mehlstaub und Schokoladenbraun die kleinen verhutzelten Gesichter. Und über all dem heimlichen Treiben hockte der riesige Mann aus den Bergen und leitete die flinke Arbeit. Schließlich ging er an den Backofen, legte noch einmal mächtige Buchenklötze auf und schob mit Hilfe aller anpackenden Zwerge das Backwerk in den Ofen. Die Zwerge griffen nach ihren Laternen und huschen davon. Der Alte warf noch einen langen Blick auf den Schläfer, dann ging auch er, seinen Umhang über die Schulter werfend und die Kappe in die Stirn ziehend, davon. Schlittenglocken ertönten und verloren sich in der Winternacht.

Ein Duft von feinsten Gewürzen und leckerem Backwerk – so eigen in der Nase kitzelnd – weckte nach einiger Zeit den Schläfer. Er rieb sich die Augen, Traumbilder hatten ihn noch in ihrer Gewalt – ihm war, als hätte er flüsternde Stimmen und das Geläut von Schlittenglocken vernommen – dann aber wurde der Bäcker in ihm wach – der Duft bezauberte und verwunderte ihn zugleich. Mit einem Satz war er am Ofen. Es war höchste Zeit! Mit geübtem, raschem Griff brachte er das Backwerk heraus und setzte es auf den Tisch. Ein Rezept mit mächtigen, ungelenkten Buchstaben geschrieben, lag auf der Tischplatte und darunter stand – ja wirklich und wahrhaftig – gewaltig und unwiderruflich – „Rübezahl – geheim“.

Vor den Augen des jungen Bäckergesellen drehte sich alles im Kreis, er musste sich an der Tischkante festhalten. „Rübezahl, Rübezahl“ - reif er – erregt an das Fenster stürzend, riss er es auf – doch nur die Winternacht lag friedlich und schweigend über dem schlummernden Liegnitz.

Im nächsten Augenblick stand er vor dem runden, schokoladenbraunen herrlichen Backwerk; tief sog er die Luft ein. Es duftete und beglückte – Rübezahl hatte geholfen! Die große Aufgabe war erfüllt – das neue , ganz neue Backwerk war da – und Regina, des Meisters Tochter, war ihm sicher – das Glück war gekommen! Einen Bombenerfolg würde es geben – Liegnitzer -Bombe sollte darum das runde, leckere, schokoladenbraune Backwerk heißen.

...und nun die Geschichte der Herstellung, wie sie sich wahrscheinlich zugetragen haben könnte.

Die Liegnitzer Bombe

Früher war Niederschlesien auch für Lebkuchen bekannt und viele Städte waren berühmt für ihre Lebkuchen. Besonders bekannt waren die Warthaer Pfefferkuchen (Wartha in der Grafschaft Glatz), die Bolkenhainer Nackeroder (Bolkenhain in Niederschlesien) und die Lessing-Lebkuchen aus der Landeshauptstadt Breslau.

Ebenso bekannt waren die Zwölf-Apostel-Bomben aus dem Weberort Schömberg, der Bunzlauer Glöckleinturm aus der Bunzeltippelstadt, die auf Buttermilch im Fenchel gebackenen Bolkobissen aus Schweidnitz, der Stadt mit der Friedenskirche sowie die Lebkuchen aus dem Wahlfahrtort Albendorf.

Grundsätzlich waren bzw. sind die Weihnachtsbäckereien ein beliebtes Weihnachtsgeschenk, wie eben auch die Liegnitzer Bombe.

Die Liegnitzer Bombe hat eine Chance, sich dauerhaft wieder in die großen Backwaren einzureihen.

Allgemein wird angenommen, dass sie von dem in Liegnitz ansässigen Konditor Eduard Müller (1828 – 1914) entwickelt und ab 1853 gebacken wurde.

Dieses Jahr ist zumindest mit dem Namen Müller verbunden nur, dass Hermann Müller (1822 – 1906) Eduards älterer Bruder zu dieser Zeit sein Geschäft eröffnete, während Eduard noch in der Lehre war, wahrscheinlich noch im Familienunternehmen.

Ein weiteres wichtiges Datum im Zusammenhang mit der Liegnitzer Bombe und damit dem weichen Lebkuchen ist die Erfindung des Backpulvers, die erst drei Jahre nach der Gründung der Konditorei von Hermann erfolgte. Das bedeutete aber nicht, dass diese Tatsache Eduard direkt zu kreativem Schaffen inspiziert hat. Dennoch musste Liegnitz fast zwei Jahrzehnte auf sein berühmtes Gebäck warten. Der ältere Bruder betrieb damals als Alleininhaber eine Bäckerei in der Frauenstraße 64, ohne dass der Firmenname groß bekannt war.

1873 ging Hermann eine Partnerschaft mit den Gebrüdern Stollwerk ein, um ihnen Schokoladenprodukte anzubieten, was wahrscheinlich zu einer Vervielfachung seines Gewinns führte, denn sowohl er, als auch sein Bruder Eduard verstanden von Monat zu Monat mehr die Bedeutung der Marke und des Produkts. Ihre ersten Versuche, eine solche Spezialität zu schaffen, scheiterten wahrscheinlich – aber zu Beginn des Jahres 1875 brachte zusätzliche Motivation. Die Einwohner von Liegnitz erfuhren vom Besuch Kaiser Wilhelm I., der im September nach Abschluss der Militärmanöver auf dem niederschlesischen Truppenübungsplatz in Liegnitz stattfinden sollte.

Die Zeit drängte zum Handeln.

Die Gründung des Deutschen Reiches im Jahr 1871, nach dem Sieg Preußens über Frankreich, stärkte die patriotischen Einstellung der Deutschen und nicht nur in Schlesien. Die Siegesfeiern von Sedan oder Straßburg fanden bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges statt, in jeder Stadt wurden die Kriegervereine mit gebührender Ehre umgeben und Tonnen von Bleisoldaten stärkten den militärischen Geist der kleinen Jungen.

Der Besuch des Kaisers war mit einem großen Fest der ganzen Stadt verbunden und nach altem Brauch beschenkten die Bürger von Liegnitz den Monarchen. Wer sich also in der Lage fühlte, seine Pflicht zu erfüllen, wer bereit war, ein originelles Kunstwerk zu schaffen, das der Pracht des größten Herrn würdig war, gehörte zu den Untertanen, die dem Kaiser ein Geschenk von sich selbst machten.

Die Gebrüder Müller gehörten auch zu den Bürgern von Liegnitz, die ihm ein Symbol für den preußischen Sieg in Form einer Süßigkeit schenken wollten. So wurde die Liegnitzer Bombe hergestellt – ein Werk von Eduard Müller. Wie es das Schicksal wollte, hatte der Kaiser jedoch keine Gelegenheit, den Gewürzkuchen bei seinem Besuch in Liegnitz zu probieren. Unter den Hunderten von Geschenken, die ihm überreicht wurden, ging es in der Menge unter und landete während des offiziellen Banketts nicht auf dem Tisch. Das machte Eduard zwar traurig, aber Hermann war trotzdem glücklich und der Erfolg seines jüngeren Bruders spiegelte sich in seiner Aufnahme als Partner wider. Erst ab 1875 war der Name der Gebrüder Müller auch im Liegnitzer Stadtblatt zu lesen.

Die Liegnitzer Bombe wurde aber von den Gebrüdern Müller nicht patentiert. Bereits zu Beginn der 1880er Jahre wurde sie von mehreren Konditoreien aus Liegnitz gebacken, darunter auch von der zweiten Linie der Familie, die ihr Geschäft im Bürgerhaus am Ring 29 betrieb. 1884 begann die Firma von Franz Meyenburg, in nahezu industriellem Maßstab zu backen und die Bombe wurde zu einem Klassiker der niederschlesischen Backwaren. In der Adventszeit wurde er in den meisten niederschlesischen Städten zum Verkauf angeboten und war ein beliebtes Geschenk.

Liegnitzer Gurken und Kraut

… bedingt durch den fruchtbaren Boden des Liegnitzer Landes an Katzbach und Schwarzwasser werden diese Sorten angebaut und in großem Maße verarbeitet

Historische Postkarten, die den Gurkenanbau thematisieren