Sagen

Ein paar Liegnitzer Sagen möchten wir Ihnen im Folgenden vorstellen.

Name und Ursprung.

Liegnitz soll schon ums Jahr 800 von den Lygiern oder Sueven gegründet worden sein. Andere bezeichnen einen Slavenfürsten Lech als ihren Erbauer und leiten ihren Namen von dem slavischen Worte legnic (ich liege oder faulenze) her, weil die Slaven hier ihr Lager hatten.
H. Goedsche, Schles. Sagen S. 194.

Eine andere Sage teilt mit, daß die Mongolen, als sie nach der Schlacht bei Wahlstatt mit dem Haupte Heinrichs des Frommen vor das Liegnitzer Schloß gekommen waren und die Bewohner zur Uebergabe aufgefordert hätten, diese ihnen zugerufen: „O yr boßen und grausamen morder unsers aller libesten herren, lyget nicht hye, unsere herren werdet yr nymmer mer,“ und von dem wordt, lyget nicht hye hat dy stadt den namen entpfangen, Lygenitz.
Aus Klose, Brief von Breslau I. S. 134, Anm.

Die in einen Baum verspündete Hummel.

In einem Vorwerk bei Liegnitz hat die Frau – Casper mag sie heißen – keine Ruhe, wohl sie schon zur ewigen Ruhe eingegangen ist; rumort im Stall, ängstigt die Pferde, daß sie stampfen, schlagen und schwitzen, kratzt an den Wänden und stöhnt dem Sohne zu: „Casper, im Gewölbe! Casper, im Gewölbe! Da liegt der Schatz!“ Ob man ihn gefunden hat, weiß ich nicht. Aber den spukenden Geist hat man in eine Hummel verbannt und in einem Baum verspündet. Dies Verbannen – und es kommt im Volksglauben noch vielfältig vor – besorgt entweder „ein barmherziger Bruder“ oder „ein kluger Mann“ oder gar „der Scharfrichter“, und ein solcher gebannter Geist muß auf einem Wagen von ein oder mehr Pferden, deren Lenker sich nicht umsehen darf, an den Ort seiner Bestimmung gefahren werden.
Der immergrüne Märchenwald im Prov-Bl. 1862 S. 116.

Erscheinung am Neuhöfer Born.

Wo jetzt der Neuhöfer Born bei Liegnitz liegt, dort hat einmal ein Hof gestanden, der an der Stelle versunken ist. Aus dem Wasser haben sie schon oft Stämme hinausgebracht, die von Moder ganz rot gefärbt waren. Es war im März, wie ich einmal mit der Magd vom Kantor H. Hanke dort gewesen war. Zwischen den Sturzeln (Strauchstrümpfeln) – der Sumpfboden um den Neuhöfer Born war mit Strauchwerk bewachsen, das man immer nach gewisser Zeit abhieb – stand dürres Gras, das keinem Menschen etwas nützen konnte, und wir brauchten Feuerung und in der Not ist das Stehlen nicht verboten – gelt ja? Wir hatten schon ein paar Haufen Gras zusammen getragen, da sehen wir einen Mann aus dem Busch kommen, nicht gerade auf uns zu, sondern seitwärts. Es war doch nun im März, und das hohe raschlige Gras – man hätte ihn doch hören müssen, wenn es ein lebendiger Mensch gewesen wäre. Aber wir hörten rein nichts und wir sahen ihn bloß, als wir uns umdrehten. Und da kam er nun am Waldsaum runter, bis er an dem Graben war, und dort wurde er immer kleiner, immer kleiner, bis er ganz verschwand. Es war noch ein junger Mann mit einer hohen weißen Stirn, und er hatte einen langen schwarzen Rock an. Von den Hosen sah man nicht eigentlich was, bloß daß er ganz schwarz war. Die Hände hatte er auf dem Rücken, und so kam er aus dem Grase wie ein Geist. Wir nahmen nun unsere Haufen und trugen sie auf die Radwern und machten, daß wir heim kamen.
Ich habs nachher – es mochten vielleicht vier Tage vergangen sein – da hab ichs meiner Hausfrau (die bei der Erzählerin zur Miete wohnte) erzählt und die meinte, sie hätte den Mann auch schon gesehen, und wie ich ihr ´n beschrieb, da erkannte sie ihn wieder. Sie war einmal um den Mittag beim Borne gewesen, da war er gekommen und gerade beim Borne da war er verschwunden. Ich war auch schon einmal – es war früher, als was ich vorher erzählte – dort im Busche, so um den Abend rum, die Sonne ging schon unter, da fuhr ein Wind durchs Gebüsch und riß die Zweige und das Gras durcheinander, so wilde, daß ich Angst kriegte, denn es war vorher ganz stille gewesen und kein Lüftchen hatte sich gerührt. Das war doch auch nicht geheuer.
Kühnau. Bericht einer alten Frau aus Kaltwasser bei Liegnitz 1896 in mundartl. Mitt. Heft 16 1906 S. 91.

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